the Legend of Zelda : Link’s Awakening


28 Years later


Manchmal sollten Erinnerungen vielleicht Erinnerungen bleiben. Ich weiß das eigentlich. Entsprechend selten reizen mich Remakes und Neuauflagen – Link’s Awakening hat jedoch einst für überschäumende Euphorie auf dem Schulhof gesorgt, war täglicher Gesprächsstoff. Onlinespiele gab es damals noch nicht. Unser täglich Brot war der detaillierte Bericht über das, was man am Nachmittag des Vortages erreicht hatte. Wir spielten alle irgendwie parallel. Drängende Fragen, wer bereits die Harfe gefunden hatte oder die Ananas losgeworden ist, bestimmten den Alltag. Magisch. Und dieser magischen Deckerinnerung bin ich diesmal nun doch erlegen und habe mich abermals, 28 Jahre später, nach Cocolint gewagt.



Koholint heißt die Insel jetzt allerdings, da ich das Spiel in englischer Sprache gestartet habe. Das war jedoch zunächst die größte Veränderung, denn ansonsten war ich ziemlich schnell wieder drin. Schiffbruch, Link am Strand, die trällernde Marin und eine sprechende, langsam ins Bild fliegende Eule. Wie Blitze zuckten die Erinnerungen durch meinen Kopf, sogar die Karte hatte ich noch vor Augen. Genau wie viele andere Dinge: Den introvertierten Ulrira habe ich nie vergessen, den kleinen (tödlichen) Shop ebenfalls nicht und natürlich auch nicht das große Tauschgeschäft, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel zieht und euch begleitet. Neu war für mich die viele Farbe, die glänzenden Texturen. Denn Nintendo hat den Klassiker ordentlich aufgebohrt und ihm einen plastischen Look spendiert. Häuser, Bäume, Dungeons und alle Figuren erstrahlen in neuem Glanz. Sieht hervorragend aus. Ein ganz eigener Stil, glatt und sauber. Mir insgesamt ein wenig zu kindlich, aber Link’s Awakening ist auch eher ein niedliches Zelda. Dazu der fein komponierte Soundtrack und allerlei serientypische Geräusche.

Link’s Awakening war schon damals, und ist es noch heute, irgendwie eine merkwürdige Zelda-Episode. Es gibt weder eine Prinzessin zu retten, noch ein Königreich zu verteidigen. Zahllose Querverweise zu anderen Games haben ihren Weg in das humorvolle Spiel gefunden, in dem das Aufspüren von Instrumenten eure Hauptaufgabe ist. Verwoben in eine durchaus clevere Story, die Links Unterfangen immer wieder in Frage stellt. Denn die Insel Cocolint sei nur ein Traum, prophezeit ein Bösewicht nach dem anderen. Und wer den Windfisch, der in einem Ei auf einem Berg tief und fest schläft, mit den Instrumenten und einer Ballade aufweckt, der vernichtet nicht nur das Böse, sondern auch all die vielen Freunde, die man auf der verwunschenen Insel gewonnen hat.



Es könnte alles so schön sein. Doch relativ schnell hat mich ein Gefühl der Ernüchterung hart und unbarmherzig getroffen. Einer der Gründe dafür ist schnell gefunden. Das Spiel ruckelt. Es ruckelt! Einerseits darf Zelda nicht ruckeln und andererseits sollte ein Remake es nicht schlechter machen als das Original. Obwohl die Optik massiv aufgehübscht wurde, sollte dies die Switch eigentlich nicht überfordern. Und dann ermächtigt sich meiner ein Gefühl von Enge. Kann es sein, dass die Karte ziemlich klein ist? Oh. Allerdings ist sie das. Schnell ist man überall mal gewesen und lichtet den Nebel. Zuletzt kommt dann noch eine Sache zum Tragen, die man dem Titel aber nicht wirklich vorwerfen kann: Der Mangel an Herausforderungen. Einst brachte mich genau das, nach zahllosen Episoden, weg von Zelda, da ich schon vor dem Betreten eines Dungeons wusste, was kommt. Brüchige Wände brauchen Bomben, gähnende Abgründe lassen sich ohne Enterhaken nicht überwinden und alles, was mit Wasser zu tun hat, braucht entweder eine Zora-Flosse oder, wie ausnahmsweise hier, eine Taucherausrüstung. Das Überraschungsmoment war Zelda abhandengekommen. Ändern konnte das m. E. erst Breath of the Wild. Hier jedoch, auf Koholint, suche ich vergebens nach Kopfnüssen. Da kann LA noch so malerisch hübsch sein, noch so viele Erinnerungen zurückbringen, auf einmal arbeite ich das Spiel eher ab, als dass ich es genieße. Das bin ich selbst schuld. Objektiv betrachtet weiß ich um die Faszination der einzelnen Tempel. Wunderbar sind die. Kleine Schlüssel, Kompass, End- und Zwischenbosse. Alles da. Das Spiel motiviert euch weiterzumachen und die Atmosphäre ist dicht und gut und schön, irgendwie einzigartig. Aber subjektiv? Subjektiv bewahrheitet sich einmal mehr, dass eine Erinnerung – so schön sie sein mag – oft eine Erinnerung bleiben sollte. Mir ist Link’s Awakening zu kurz, zu klein, zu einfach. Vielleicht bin ich zu alt geworden? Oder einfach nur komplexere Spiele gewöhnt? Ein guter Freund hat es vor kurzem ebenfalls durchgespielt, eine Premiere, und liebte den Titel. Ich hingegen hadere mit mir, ob ich das Action-Adventure damals besser fand, als es war, oder jetzt schlechter finde, als es ist. Dieses liebevolle kleine Spin-off mit den sympathischen Charakteren, dem kugelrunden Link, den fein programmierten Tempeln und der tadellosen Spielmechanik. Es hat mich nicht ansatzweise so sehr begeistert wie damals, unterhalten aber selbstverständlich dennoch. Ich habe es mit einem guten Gefühl beendet, schließe jenes Kapitel nun aber endgültig ab.


★★★★     (befriedigend)

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Genre: Action-Adventure
Entwickler: Grezzo
Publisher: Nintendo

Release: September 2019
getestet: September 2022 // Nintendo Switch // pal deutsch